„Adressat unbekannt“
„Adressat unbekannt“ – unter diesem Titel fand am 8. April 2019 in der Kreisverwaltung Mainz-Bingen eine szenische Lesung statt. Deren Inhalt war das gleichnamige Buch der amerikanischen Autorin Kathrin Kressmann Taylor, das zum ersten Mal 1938 im New Yorker „Story Magazine“ erschien.
Es geht darum, wie zwei Freunde und Geschäftspartner einen Briefwechsel zwischen Amerika und Deutschland führen, dem Deutschland in der Zeit von Hitlers Machtergreifung. Die Darbietung dieser Korrespondenz wurde gekonnt von zwei Schauspielern inszeniert: Frank Eller in der Rolle des deutschen Martin Schulse und Sascha Stegner in der Rolle des in Amerika lebenden Juden Max Eisenstein.
Auf dramatische Weise wird im Briefwechsel die Beziehung zweier Freunde geschildert, die sich jedoch immer weiter entfremden und schließlich fast zu Feinden werden. Auch wird aufgezeigt, wie totalitäre Regime Menschen in ihrem Handeln und Denken völlig verändern können. Deutlich wird dies an Martin Schulse, der anfangs ein liberaler, freiheitsliebender und demokratischer Mensch ist - und ein guter Freund. Jedoch lässt er sich zunehmend von Hitlers nationalsozialistischer Ideologie begeistern. In seinen Briefen wird deutlich, dass er sich er mehr und mehr von seinen ursprünglichen Idealen entfernt und zu Hitlers Doktrin tendiert. Gleichzeitig distanziert er sich immer mehr von seinem Freund und Geschäftspartner, da dieser Jude ist und ihm aufgrund dessen das Verhältnis zu ihm zum Verhängnis werden könnte. Max Eisenstein kann und will dies nicht hinnehmen und versucht seinen Freund zu retten. Dieser jedoch verweigert sich und versucht den Kontakt abzubrechen. Der dramatische Höhepunkt der Geschichte ist die Ermordung von Max' Schwester, die als amerikanische Schauspielerin nach Berlin reist. Sie ersucht Martin um Hilfe, dieser will ihr aber aus Gründen der eigenen Sicherheit nicht helfen. Kurz darauf stirbt sie einen gewaltsamen Tod.
Die Geschichte der beiden Männer ist fiktiv, das heißt, die Personen haben so nie existiert. Das macht die Geschichte nicht weniger interessant und bewegend. Denn Geschichten wie diese könnten sich in der Zeit des nationalsozialistischen Terrors genauso abgespielt haben.
Die Stimmung und die jeweiligen Gefühle wurden durch die Schauspieler perfekt wiedergegeben. Realitätsgetreu betonten sie die Wörter so, wie es wohl die echten Personen getan hätten. Schlicht, aber doch eindrucksvoll: Die Zuschauer tauchten in die Atmosphäre dieser Tragödie ein.

Inhaltlich untermauert wurde der Inhalt der szenischen Lesung durch die Kunstinstallation „Der Koffer“ von Aniko Havas und durch den Gemäldezyklus „Shoa“ (hebräisch für Holocaust) von Raimund Egbert-Giesen, die die Zuhörer nach der Lesung bestaunen konnten.
Zuhörer waren an dem Vormittag zwei Klassen von weiterführenden Schulen der Stadt Ingelheim. Darunter wir, die 10h, zusammen mit Frau Buck-Schulte.
Die Lesung fand im Rahmen der Schöpfungswoche statt, die Franz Diehl, ehemaliger Lehrer des SMG, mitorganisiert hatte.
Jonathan Marten, 10h (Schuljahr 2018/19)