Mein Beitrag zu „Ehemalige berichten von ihrer Zeit nach dem Schulbesuch am SMG“

Ich schließe mich an die Worte von Frank Stockebrand an: Es geht nicht darum, an einer Elite-Uni zu studieren und berühmt zu werden, sondern sich selbst zu verwirklichen und in seinem Beruf glücklich zu werden. Schließlich verbringt man die meiste Zeit seines Lebens im Beruf und mit seinen Kolleg:innen.


Bei mir ist es 30 Jahre her, dass ich am SMG Abitur gemacht habe. Die Zeit in der MSS war damals zwar hart und geschenkt wurde einem nichts, aber mit Biologie, Englisch, Mathematik als Leistungsfächern und Chemie und Latein als Grundkursen war ich zum Medizinstudium in Mainz im Gegensatz zu vielen Kommiliton:innen, die von anderen Gymnasien kamen, bestens vorbereitet.

Dabei hatte ich zunächst niemals vor, Medizin zu studieren, war überzeugt, in der Biologie mein Glück zu finden. Nach dem Abitur habe ich dann bei einem großen Ingelheimer Laborinstitut gejobbt und herausgefunden, dass mich allein das, was mit dem Menschen zu tun hat, fasziniert und habe daher beschlossen, doch gleich Medizin zu studieren. Diese Entscheidung habe ich niemals bereut, obwohl das Studium doch sehr verschult war und vor allem in den ersten vorklinischen Semestern viel „ausgesiebt“ wurde. Somit gab es nicht viel von dem von Frank Stockebrand geschilderten Studentenleben. Begrüßt wurden wir damals in der Einführungsveranstaltung an der Uni Mainz mit den Worten: „wieder eine Generation arbeitsloser Mediziner, die wir teuer ausbilden“.

Wichtig ist, nicht den Mut zu verlieren und immer sich selbst treu zu bleiben. Beim späteren Werdegang hatte ich leider keine Beziehungen und musste mir mein Netzwerk selbst aufbauen. Aber auch das ist gelungen. Über Wirkungsorte in Worms, St.Gallen (Schweiz), Altstätten (Schweiz), Weiden i.d.OPf., Köln und Bonn habe ich dann meine Nische in Amsterdam gefunden.

Dort kann ich meine Hobbies Musik (Königliches Concertgebouw u.a.), Kunst und Kultur (viele Museen und Veranstaltungen) und EDV mit meinem Beruf und meinem Spezialgebiet Andrologie ideal kombinieren und lebe mit der Stammzellforschung auch noch meine biologischen Interessen aus.

Der Arzt von heute ist nebenbei auch noch halber Informatiker und baut sich seine Umgebung im Krankenhausinformationssystem selbst. Eine große Herausforderung ist es, ständig verfügbar und auf Knopfdruck kontrollierbar zu sein, z.B. wie viele Patienten man gesehen hat, wie schnell man auf Fragen der Patienten und auf abweichende Untersuchungsergebnisse reagiert hat, die der Patient mittlerweile zur gleichen Zeit wie der Arzt erhält. Auch hierin musste ich erst meinen Modus finden.

Es ist nicht wichtig, was Ihr macht und wieviel Geld Ihr verdient, das macht auf Dauer nicht glücklich. Sucht Euch einen Beruf, der Euch erfüllt, und findet dort Eure Nische. Dann kann nichts schiefgehen, und Ihr müsst Euch auch keine Sorgen wegen eines Burnouts machen.

Wer Spaß am Umgang mit Menschen hat und auch selbst gerne junge Kollegen beruflich weiterbringt und Neuem gegenüber aufgeschlossen ist, für den ist die Ausübung des Arztberufs an einer Universitätsklinik noch immer das Richtige.

Die Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten Jahren glücklicherweise stark gebessert und die Chefs haben gelernt, dass der Assistent nicht mehr eine Zahl, sondern ein Mensch ist, der auch einen Namen hat. Wichtig ist Freude am Umgang mit Menschen, der Patient steht zentral, der Arzt von morgen unterstützt dabei als Partner mit evidence-based medicine (Behandlung auf dem jeweiligen aktuellen Stand der klinischen Medizin auf der Grundlage klinischer Studien und medizinischer Veröffentlichungen) über shared decision making, bei der Arzt und Patient gemeinsam die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung treffen, zu value based healthcare (Verbesserung der Behandlungsergebnisse für den individuellen Patienten bei gleichzeitiger Kostensenkung im Gesundheitssystem).

Dr. A. Meißner