Im Zusammenhang mit dem Schreiben von Kurzgeschichten haben einige Schüler:innen der 9g das Genre Kürzestgeschichten für sich neu entdeckt. Hier eine kleine Kostprobe dieser kleinen Perlen:
Das Fenstersims
Die Kinder, sie lachen laut. Das Kind lacht auch. Es hat Tränen in den Augen. Was diese Augen wohl schon alles gesehen haben? Ob es wohl schon einmal in einem anderen Staat, einem anderen Land war? Ob es die Sonne am Meer untergehen gesehen hat, den funkelnden Schnee auf den Bergen oder überhaupt schon etwas anderes als den Staub in der Luft?
Bestimmt, dachte ich, sonst könnte es doch nicht mit so einer Leichtigkeit lachen und sich so ausgelassen über etwas freuen? Der Tagesablauf ist immer gleich. – Nein! Es muss etwas anderes erlebt haben, sonst würde es, auf einem kleinen Fenstersims sitzend, durch ein Fenster mit abwesendem Blick auf sie hinunterschauen.
„Was sitzt du denn schon wieder auf diesem kleinen Fenstersims herum und schaust hinaus?“, hörte ich eine altbekannte Stimme fragen.
Lara Bäuml (9g)
Der Bus
Ein Bus fährt über die Landstraße. Es ist ein Bus, welcher zwischen mehreren Dörfern hin- und herpendelt. Eine Runde dauert eine ganze Stunde.
Der Busfahrer fährt während der Weihnachtszeit und draußen ist es eisig kalt, da der Abend schon angebrochen ist. Der Busfahrer denkt gerade daran, wie er mit seiner Familie Weihnachten feiern würde, wenn er könnte. Wenigstens sitzt er im Warmen. Die meisten sind zu Hause und der Bus ist leer, denn niemand hat sich in der Buslinienplanung die Mühe gemacht, zu beachten, an welchen Tagen ein Nachtbus gebraucht wird und wann nicht. So fährt er durch die ruhige Winternacht. Da kommt die nächste Bushaltestelle in Sicht, doch zu solch einer späten Stunde wartet da wahrscheinlich auch niemand mehr.
Als dann der Busparkplatz in Sicht kommt, parke ich rückwärts in die Parklücke ein und verlasse den Bus. ,,Vielleicht sind sie ja noch wach."
Benjamin Mura (9g)
Der Wunsch
Die Blumen fangen wieder an zu blühen und das Wetter ist gut. ,,Ich gehe jetzt!“ ruft Phillip und geht zur Tür. Tilo will eigentlich mitkommen, doch er traut sich nicht, etwas zu sagen. Phillip ist jetzt an der Tür und drückt bereits die Türklinke hinunter. Tilo weiß, dass jetzt die letzte Chance für ihn ist, etwas zu sagen, zu sagen, dass er mitwill. Doch stattdessen versteckt er sich unter seiner Bettdecke und das einzige, was er hervorbringen kann, ist: ,,Bis später.“
Als Tilo hört, wie sich die Tür schließt, weiß er, dass wieder ein Tag vergangen ist, an dem er sich nicht getraut hat zu fragen, ob er denn nicht mitkommen dürfe, und damit wieder ein neuer Tag, an dem er nicht gesagt hat, was er sich wünscht. Er hasst sich selber dafür, dass er sich nie traut zu sagen, was er will. Er sagt zu sich selber, wie an vielen Tage zuvor: „Nächstes Mal schaffe ich es. Ich werde sagen, dass ich mitkommen will. Dieses Mal wirklich.“ Er wirkt sehr entschlossen.
Als sein Bruder erneut seine Schuhe und seine Jacke anzieht, es ist wieder kühler geworden und die Blätter fallen in allen Farben von den Bäumen, und er gerade den Mund öffnet, um sich von Tilo zu verabschieden, ruft Tilo: ,,Kann ich vielleicht mitkommen?“ Es hat Tilo extrem viel Überwindung gekostet, diese Worte laut über seine Lippen zu bringen. Phillip ist leicht verwundert, er hört seinen Bruder nur selten reden und dieser hat ihn noch nie nach etwas gefragt, was er möchte, doch er ist froh, seine Stimme zu hören. ,,Na klar!“, ruft er erfreut.
Tilo zieht sich überglücklich seine rote Jacke und seine Schuhe an und die beiden Brüder verlassen gemeinsam die Wohnung.
Tyler Weber (9g)
Der Wunderhändler
Seit 15 Jahren lebte Jynn nun in einem kleinen Dorf namens Lysania. Die Menschen dort predigten vor allem eins: ein ruhiges Leben. Wer einmal im Dorf geboren worden war, der sollte dort auch bleiben. Das Dorf war ihr ganzer Stolz und oft erzählten die Leute dort, wie glücklich sie waren in Lysania zu sein.
Doch das entsprach keinesfalls den Vorstellungen des 15-jährigen Mädchens Jynn. Lydania lebte nur von sich selbst, handelte nicht mit anderen Dörfern und war sowieso der Meinung, dass alles, was von draußen kam, schlecht sei. Darum wusste zur heutigen Generation niemand mehr wirklich, wie die Welt draußen aussah. Alles was existierte, war das Dorf.
Doch eines Tages kam ein Mann in die Stadt, vollkommen anders als alles andere, was die Dorfbewohner je gesehen hatten. Damals war Jynn 10 Jahre alt und stand inmitten der Menschenmasse, die sich um den Mann gebildet hatte. Der Mann selbst war in bunte Tücher gehüllt und hinter sich her zog er einen hölzernen Wagen, auf dem ein riesiges Tuch befestigt worden war. Das Tuch bestand aus vielen verschiedenen Fasern, an manchen Stellen Fell, an anderen nur ein seidenes Tuch: „Hört ihr Menschen, wollt ihr wirklich so weiterleben? Wollt ihr nicht wissen, was die Welt hinter eurer Fassade bereithält? Schaut euch nur an, was ich euch mitgebracht habe!“, sagte er und deutete dabei auf diverse Fläschchen und Gefäße, die auf dem Wagen hinter ihm befestigt waren.
Das sind wirklich eigenartige Dinge, dachte das Mädchen. Der Wunderhändler hielt ein Glas hoch und zeigte ihr den Inhalt: Dieser war hell und leuchtete im Schein der Sonne und bestand aus ganz vielen Körnern. „Schaut nur her, dies ist Sand“, sprach der Händler zu den Leuten und hielt das Glas ins Licht. „Und das ist noch nicht einmal alles, was es dort draußen gibt: Ganze Landschaften nur aus Eis, Berge aus Sand, eine Stadt auf Wasser. Wisst ihr überhaupt irgendetwas über die Welt da draußen?“
Die Worte des Wunderhändlers bewegten die Menschen. Als Jynn alt genug war, ging sie, wie auch viele andere, hinaus in die weite Welt, angestiftet von den Worten des Wunderhändlers…
Beatrice Blaha (9g)