Nach dem Abi erstmal weg. Und wohin dann?

Dreizehn Jahre Schule sind eine verdammt lange Zeit.

Manchmal, wenn um 6 Uhr morgens der Wecker geklingelt hat, habe ich mich dabei ertappt, mir zu überlegen, ob sich das Aufstehen wirklich lohnt, nur damit ich am Ende ein Papier in der Hand halte.

Man kann natürlich auch ohne Abitur tolle Wege einschlagen, aber ich habe es so empfunden, dass der Start in das Leben nach der Schule mit Abitur deutlich entspannter war. Wenn ihr es schafft, diesen Marathon durchzuhalten und die Schule mit dem Abitur abzuschließen, wird sich euch eine einzigartige Zeit auftun, in der ihr euch sehr frei selbst gestalten und ihr mit gutem Gewissen entspannen und euren Erfolg feiern könnt.

Ich habe nach der Schule zunächst drei Monate in Vollzeit gearbeitet, um mir eine Reise finanzieren zu können. Dann ging es im September nach dem Abitur mit zwei meiner besten Freundinnen aus der Schule los: Zunächst 3 Monate Süd-Ostasien. Wir haben uns einfach treiben lassen, von dem, was um uns herum war. Keine Verpflichtungen, irgendwohin zu gehen, kein Zeitdruck, das erste Mal seit langem: gar kein Druck.

Unsere Reise hat sich in Australien fortgesetzt, wo ich durch glückliche Zufälle an professionelle Tauchen geraten bin. Ich bin dann für ein Jahr in Cairns (Australien) geblieben, habe auf einem Safariboot gearbeitet, das Great Barrier Reef in allen möglichen Facetten erlebt, die erste eigene Wohnung gehabt, dann auch eine wunderbare WG mit Freunden aus aller Welt. Nach meiner Zeit in Australien habe ich mich noch nicht danach gefühlt, nach Deutschland zurück zu gehen oder zu studieren, und bin daher für einen neuen Tauchjob nach Ägypten gezogen, wo ich 1,5 Jahre lang gelebt habe.


Das Abitur hat mir in dieser Zeit die Sicherheit gegeben, dass ich immer einen leichten Einstieg in Deutschland haben werde, wenn ich zurückkommen will. Es hat mir ermöglicht, einfach entspannt das Leben zu leben, worauf ich gerade Lust hatte, ohne dass ich Zukunftsängste haben musste.

Im Oktober 2020 bin ich nach Deutschland zurückgekommen und studiere seitdem Jura in Heidelberg. Mit meinen 23 Jahren bin ich fast so „alt“ wie manche AG-Leiter:innen an der Uni und viele, die mit mir das Abitur gemacht haben, schreiben gerade an ihrer Bachelorarbeit.

So „spät“ mit dem Studium anzufangen, ist vielleicht etwas, das aus Schulperspektive unüblich erscheint, ich habe das aber bisher sehr als Vorteil empfunden.

Durch die „Auszeit“ vom schulischen Lernen habe ich mich richtig auf die Uni gefreut und bin dementsprechend motiviert in das erste Semester gestartet. Meine Auslands- und Arbeitserfahrung hat mich viel über den Umgang mit Menschen und Selbstständigkeit gelehrt, das zahlt sich jetzt an der Uni aus. So habe ich auch die Möglichkeit bekommen, nebenher als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht, Medizinrecht und Rechtsphilosophie zu arbeiten.

Ich möchte euch also mit auf den Weg geben: Wenn ihr Träume habt, die manchen etwas ungewöhnlich erscheinen, lasst euch nicht beirren und gestaltet die Zeit nach dem Abitur so, wie es euch glücklich macht. Im Rückblick ist es mir noch viel klarer geworden: Die Zeit nach dem Abi ist einzigartig und es gibt unendlich viele tolle Möglichkeiten, sie zu gestalten. Macht etwas daraus, denn diese Zeit kommt so nicht wieder.


Genießt abseits vom Stress auch noch die Zeit an der Schule, die am SMG ja wirklich eine herausragend tolle Zeit sein kann! Und natürlich auch alles Gute für euren Weg nach dem Abitur!

Herzliche Grüße
Michelle Arndt