Heinrich Jung, Elektromeister aus Ingelheim, wirbt für Nachhaltigkeit

So ein Mist! Das Handy lässt sich nicht mehr einschalten. Der Toaster klemmt, der Wasserkocher, die Kaffeemaschine oder das Waffeleisen funktionieren nicht mehr. Umso ärgerlicher, wenn das Gerät nicht einmal alt war, aber Garantie hat man auch keine mehr darauf. Da diese Geräte oft recht billig zu haben sind, kaufen sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher direkt ein neues. Und das alte wird im Keller oder in der Garage gelagert oder gar weggeworfen.

Wenn viele Verbraucherinnen und Verbraucher aber viele Geräte wegwerfen, ergibt das ein riesiges Problem: Es handelt sich um Sondermüll, der zu großen Teilen nach Afrika verschifft wird, zum Beispiel nach Accra, einer Stadt in Ghana, am Atlantik. Dort landen riesige Schiffe, die Elektroschrott aus den reichen Industrieländern bringen. Leider wird ein Teil davon illegal bereits im Meer entsorgt. In Accra auf riesigen Müllbergen suchen Kinder der ärmsten Familien dann nach Brauchbarem, um es zu verwerten oder zu verkaufen. Schließlich ist ja meist nur ein kleiner Teil des Gerätes defekt und der Rest intakt, teilweise wie neu! Danach aber wird der Schrott, der größtenteils aus Kunststoff besteht, verbrannt. Dabei entstehen hochgiftige Dämpfe, die die Arbeiter und Bewohner der benachbarten, armen Stadtviertel einatmen müssen, viele werden davon krank.

Klar: Das wollen wir nicht und deshalb müssen wir Elektroschrott, so gut es geht, vermeiden.

Aber wie geht das?

Herr Heinrich Jung, Elektromeister aus Ingelheim, ist am 18. Oktober 2019 ins SMG gekommen, um im Ethikunterricht der 6e, 6b und 6h bei Frau Buchner-Naujoks die Schülerinnen und Schüler darüber aufzuklären. Er erklärte zunächst die Problematik der Elektroschrott-„Entsorgung“ und zeigte danach einen Lösungsansatz.

Der lautet ganz einfach: Reparieren statt wegwerfen.

Herr Jung arbeitet im Repair-Cafe Ingelheim mit, das jeden ersten Mittwoch im Monat von 18:00 Uhr bis 21:00 Uhr im Mehrgenerationenhaus in Ingelheim-West geöffnet hat. Dort kann jeder mit seinen kaputten Elektrogeräten während der Öffnungszeit kommen und sie reparieren lassen oder zusammen mit den Experten reparieren. Diese machen das ehrenamtlich in ihrer Freizeit, weil sie gerne die Umwelt schützen wollen. Daher kostet die Reparatur nichts. Man kann also Geld sparen, muss nichts Neues kaufen und schützt Ressourcen. Dabei gibt es sogar Getränke und Snacks, einige Frauen helfen derzeit, Kleidungsstücke zu flicken oder Löcher zu stopfen. Herr Jung repariert ansonsten auch alles in seiner „Blitzblume“- Werkstatt.

Und was hat das mit Ethikunterricht zu tun? Das Verhältnis von uns Menschen zur Natur gehört zum Lehrplan der 5. und 6. Klasse. Frau Buchner-Naujoks ist bei diesem Thema die praktische Umsetzung im Alltag viel wichtiger als die Theorie und sie hat Herrn Jung deshalb zum zweiten Mal in ihren Ethikunterricht der 6. Klasse eingeladen. Er kam mit seinen Werkzeugen und seiner Ausrüstung, die Schülerinnen und Schüler dagegen hatten kaputte Elektrogeräte von Zuhause mitgebracht: beispielsweise einen Toaster, einen Router, eine Kaffeemaschine oder ein Handy. Unter Herrn Jungs Anleitung schraubten die Jungen und Mädchen die Geräte auf, testeten den Spannungsprüfer, bildeten mit den Händen einen Stromkreis.


Und tatsächlich konnten sie sehen, dass zum Beispiel Teile durchgerostet oder lose waren oder eine Heizspirale verkalkt war. Mit einem Ersatzteil, sofern man es auftreiben kann, können die Geräte brauchbar gemacht werden. Bedingung: Das Gerät muss sich aufschrauben lassen, das ist aber leider oft nicht der Fall. „Darauf müssen wir beim Kaufen also in Zukunft mehr achten“, nimmt sich eine Schülerin vor.

Die Schülerinnen und Schüler sind sich einig: Die Reparatur-Stunde hat viel Spaß gemacht und sie danken in der Folgestunde Herrn Jung mit einem Brief, den alle unterschreiben. Herr Jung hat recht: Reparieren macht glücklich, denn es schafft Erfolgserlebnisse. Er hat im Gespräch seinen Beruf Elektriker gelobt und würde sich freuen, wenn Schülerinnen oder Schüler sich später auch zu einer solchen Ausbildung entschließen würden.

Auf diese Weise haben Herr Jung und die Schülerinnen und Schüler des Ethikkurses 6beh bei Frau Buchner-Naujoks einen Beitrag zur Woche der Nachhaltigkeit vom 14. bis 18. Oktober 2019 am SMG geleistet.

Bettina Buchner-Naujoks